Keine „Modellregion Inklusive Bildung“ zum Nulltarif! | PM April 2014

Offenbacher Gesamtpersonalrats der Lehrerinnen und Lehrer zur Kooperationsvereinbarung „Inklusive Bildung im Kreis Offenbach“

Alle Fraktionen des Gesamtpersonalrats der Lehrerinnen und Lehrer am Staatlichen Schulamt in Offenbach sind sich einig: Die im Dezember von Kultusministerium und Kreis geschlossene Kooperationsvereinbarung über die Modellregion „Inklusive Bildung im Kreis Offenbach“ wirft viele Fragen auf. Nicht zuletzt soll unter dem Anschein der besonderen Förderung von Kindern mit Beeinträchtigungen Sparpolitik betrieben werden.

So wird z. B. der Schulversuch „Begabungsgerechte Schule“ in Obertshausen und Mühlheim in der Kooperationsvereinbarung als Grundlage für den Entwicklungsprozess hin zur inklusiven Beschulung genannt. Problematisch ist aus Sicht des Gesamtpersonalrats allerdings, dass die  Evaluation dieses Schulversuchs bis heute noch nicht vorliegt. Außerdem ist in der Kooperationsvereinbarung keine Rede davon, wenigstens in dem Maße wie an den Schulen des Schulversuchs zusätzliche Förderschulkräfte und Sozialpädagogen einzustellen. Im Gegenteil: Per Unterschrift beschlossen Kultusministerium und Kreis, dass ähnlich erfolgreiche Arbeit an allen Regelschulen in üblichen Klassengrößen und ohne ausreichende Unterstützung durch Förderschullehrer und Sozialpädagogen möglich sei. Damit trägt man wohl der Tatsache Rechnung, dass schon heute kaum Fachpersonal in ausreichendem Maße zu finden ist. Absichtserklärungen und der Ressourcenvorbehalt prägen das Bild, vor allem, wenn von Leistungen des Kreises die Rede ist.

In der Praxis bedeutet dies die Schließung der Helene-Lange-Schule in Rödermark am Ende des Schuljahrs; der Lernhilfezweig der Friedrich-Fröbel-Schule Neu-Isenburg nimmt keine neuen Schüler mehr auf und läuft aus. Bedenken und Widersprüche von Lehrkräften und Eltern wurden dabei nicht berücksichtigt. Die Schüler werden auf die umliegenden allgemeinbildenden Schulen oder andere Förderschulen verteilt.

Lehrerinnen und Lehrer, die über Jahre wirksame Konzepte entwickelt und erfolgreich Schülerinnen und Schüler zu Schulabschlüssen geführt haben, werden nun aus den bewährten Systemen herausgerissen und müssen stundenweise an Grundschulen und weiterführenden Schulen versuchen, die Regelschullehrer bei der Verwaltung des Mangels zu unterstützen. Das vor nicht allzu langer Zeit  eingeführte System der Beratungs- und Förderzentren, die die Arbeit der Förderschullehrer koordinieren sowie Fortbildung und fachlichen Austausch garantieren, wird damit für den Bereich der Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen teilweise sogar ad absurdum geführt.

Gleichzeitig wird Eltern der Eindruck vermittelt, dass ihre Kinder alle nötigen Hilfsangebote erhalten. Bei z. T. mehreren „Inklusionskindern“ mit unterschiedlichem Förderbedarf in Schulklassen von bis zu 30 Schülern stehen häufig für ein Kind nur ein oder zwei zusätzliche Stunden pro Woche zur Verfügung - wenn überhaupt, denn die Zuteilung der Stunden wird nicht vom betroffenen Kind her, sondern von den zu verteilenden Ressourcen gedacht.

Offen bleibt auch die Frage, was geschieht, wenn die in der Kooperationsvereinbarung festgeschriebene erste Evaluation zu dem Ergebnis kommen sollte, dass das Projekt mit Ablauf des Schuljahres 2015/16 enden müsste. Was geschieht mit den Schülern, die im Schuljahr 2014/15 anstelle einer Förderschule eine Regelschule besuchen werden, was mit den Lehrkräften?
Der Gesamtpersonalrat hofft nun, dass Kultusministerium und Kreis bei der Umsetzung und Ausgestaltung der Kooperationsvereinbarung auf die Sachkenntnis der erfahrenen Lehrerinnen und Lehrern der Region zurückgreifen werden. Die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für Ausstattung, Fachpersonal und qualifizierte Fortbildungen wird dabei -ohne Ressourcenvorbehalt- unerlässlich sein. Andernfalls ist die Modellregion „Inklusive Bildung im Kreis Offenbach“ zum Scheitern verurteilt – auf Kosten der Kinder.

Michael Köditz, Birte Krenz, Rainer Spatz (Vorsitzendenteam)