Zu Gast bei Freunden?

Gruppe InklusionsBeobachtung im Gespräch mit dem Kultusminister

Am 11. September 2014 war die Gruppe InklusionsBeobachtung zu Gast im hessischen Kultusministerium in Wiesbaden. Die Gruppe InklusionsBeobachtung hatte den Kultusminister Prof. Dr. Lorz um ein Gespräch gebeten, um auf bestehende Probleme bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im hessischen Schulsystem hinzuweisen. An dem Gespräch nahmen Roman George (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hessen), Birgit Koch (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hessen), Yusef Muhammad (Landesschülervertretung), Dr. Dorothea Terpitz (Gemeinsam leben e.V.), Jan Voß (Elternbund Hessen) und Naxina Wienstroer (Landesbehindertenrat Hessen) teil. Neben dem Minister war seitens des Kultusministeriums  auch Daniel Bognar aus dem Referat III.A.2, „Förderschulen, Haupt-, Real- und Mittelstufenschulen, Gesamtschulen, Inklusion“ an dem Gespräch beteiligt.

Foto von links nach rechts: Die Delegierten der Gruppe InklusionsBeobachtung im Kultusministerium Jusef Muhammed, Birgit Koch, Jan Voß, Naxina Wienstroer, Dr. Dorothea Terpitz

Im Rahmen des seitens des Ministers angebotenen Zeitfensters von einer Stunde konnten viele Themen nur angeschnitten werden. Prof. Dr. Lorz bekannte sich zwar zu dem Ziel, den Anteil der inklusiv beschulten Schülerinnen und Schüler bis zum Ende der Legislaturperiode zu erhöhen, warnte aber davor, Inklusion „mit der Brechstange“ durchsetzen zu wollen. Die Gruppe InklusionsBeobachtung legte ihre Auffassung dar, dass es angesichts der UN-Behindertenrechtskonvention um die Umsetzung des bestehenden Rechtsanspruchs auf eine inklusive Beschulung geht. Das vom Minister und der Koalition aus CDU und DIE GRÜNEN verfolgte Konzept der „Wahlfreiheit“ zwischen Förder- und Regelschule werde der Intention der UN-Behindertenrechtskonvention jedoch nicht gerecht. Obwohl das Hessische Schulgesetz die inklusive Beschulung als den Regelfall definiert, besucht weiterhin die deutliche Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler mit diagnostiziertem Förderbedarf eine separierte Förderschule.

Die Gruppe InklusionsBeobachtung  hat den Minister darüber hinaus auf zahlreiche bestehende Schwierigkeiten in der Umsetzung der Inklusion vor Ort hingewiesen: Diese reichen von der fehlenden baulichen Barrierefreiheit vieler Schulen bis hin zu einer unzureichenden Kooperation zwischen Schulämtern und Sozialämtern, die für die Bereitstellung von Integrationsassistentinnen und -assistenten zuständig sind. Oft scheitert eine erfolgreiche inklusive Beschulung im Einzelfall an diesen unzureichenden Voraussetzungen oder es sind erst langwierige Auseinandersetzungen mit den zuständigen Behörden erforderlich, um die Bedingungen für die Inklusion zu schaffen. Auch auf die unzureichende Ressourcenausstattung der Schulen und auf mangelnde förderpädagogische Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte wurde der Minister aufmerksam gemacht.

Bei vielen der angesprochenen Probleme verwies Prof. Dr. Lorz auf die eingeschränkten Durchgriffsmöglichkeiten des Ministeriums, da ein Teil der Zuständigkeiten bei den Schulämtern, den Kommunen und den Sozialämtern liege. Insgesamt ist bei der Gruppe InklusionsBeobachtung leider nicht der Eindruck entstanden, dass der Kultusminister die Sache der Inklusion mit bildungspolitischer Leidenschaft voranzubringen gedenkt. Er sehe die Rolle der Gruppe InklusionsBeobachtung als „Stachel im Fleisch“, indem sie auf eine entschlossene Umsetzung der Inklusion dränge. Der Minister hat angekündigt, auch weiterhin für Gespräche zur Verfügung zu stehen – ein Angebot, auf das die Gruppe InklusionsBeobachtung sicher zurückkommen wird.